Maria Bachs (1896-1978) Wolgaquintett ist ohne Zweifel eine sensationelle Wiederentdeckung, die das Repertoire für Klavierquintett um ein farbiges Meisterwerk bereichert.

Der Bratschist und künstlerische Leiter der Konzertreihe Musik in der Pforte, Klaus Christa, hat es im Juli 2017 in der Wiener Nationalbibliothek ausgegraben und im Rahmen des Festivals „Frauengeschichten – ein Festival erzählt und lässt aufhorchen“ im Juni 2018 vor einem begeisterten Publikum aufgeführt. Maria Bach gehörte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu den profiliertesten Komponistinnen Wiens. Ihr Wolgaquintett, das 1931 im Musikverlag Doblinger erschien, wurde damals in der „Zeitschrift für Musik“ begeistert rezensiert. 

Klaus Christa meint zur Wiederentdeckung des Quintetts:

„Ich finde es ungeheuerlich, dass ausgerechnet dieses Werk in völlige Vergessenheit geraten konnte. Ich kenne wenige so begeisternde und klanglich und gestalterisch so differenzierte Werke aus dieser Zeit. Maria Bachs Sinn für Farbnuancen ist unglaublich und auch ihr großes Gespür für Dramaturgie. Von der ersten Sekunde an entwickelt sich ein musikalischer Sog, der sich erst mit dem Schlussakkord wieder löst. Das ist ganz große Musik!“

 

Maria Bach wuchs gemeinsam mit drei Schwestern im Schloss Leesdorf bei Baden in einem kunstbegeisterten Haushalt auf. Im Hause Bachs gingen zahlreiche Persönlichkeiten der Kunstszene ein und aus. So waren u.a. Johannes Brahms, Hugo Wolf und Artur Nikisch in Schloss Leesdorf zu Gast. Auch Maler wie Ferdinand Hodler, Gustav Klimt oder Oskar Kokoschka gehörten in den Gästekreis ihrer Eltern. Ihr Vater Robert von Bach konnte, nachdem er seinen Onkel Alexander beerbt hatte, seine Beamtenlaufbahn aufgeben und sich seinen Leidenschaften, der Musik und der Malerei, widmen. Die Mutter Eleonore von Bach war Oratoriensängerin. Sie legte größten Wert auf eine künstlerische Ausbildung ihrer Töchter. 1902 bekam Maria ihren ersten Klavierunterricht in einer Musikschule in Baden, im Alter von zehn Jahren trat sie erstmals öffentlich auf. Vier Jahre später begann sie auch noch, Geige zu lernen. 

 

Ihre ersten Kompositionsversuche fielen in die Jahre 1914/1915. Julius Korngold erkannte ihr Talent und seinem Rat folgend, studierte sie an der Wiener Akademie für Musik und darstellende Kunst Musiktheorie und Instrumentation bei Josef Marx und Dirigieren bei Ivan G. Boutnikoff. Als Komponistin unternahm sie 1924 ihren ersten Schritt in die Öffentlichkeit. Anlässlich eines von der Wiener Akademie im Konzerthaus veranstalteten Konzertabends wurden ihre “Narrenlieder“ aufgeführt.  Ab 1930 verlegte der Musikverlag Doblinger einige ihrer Werke, u.a. das Wolgaquintett. In dieser Zeit wurden verstärkt außereuropäische Einflüsse in ihren Werken hörbar.  

 

Der Tod ihres Vaters 1927 und die daraus resultierende Aufteilung des Vermögens und die allgemeine wirtschaftliche Situation brachten sie in finanzielle Schwierigkeiten. Der Versuch, ihr geerbtes Haus am Tulbinger Kogel als Hotel zu führen, scheiterte. 1952 veräußerte sie es gegen eine Leibrente, die nicht selten ihre einzige Einnahmequelle blieb. 1940 begegnete sie dem italienischen Maler Arturo Ciacelli, mit dem sie später eine bis zu seinem Tod 1966 andauernde Lebensgemeinschaft führte. Unter seinem Einfluss entdeckte sie das Ausdrucksmittel der bildenden Kunst für sich. Eindrücke einer gemeinsamen Italienreise verarbeitete sie zu Collagen, die 1951 in Mailand ausgestellt wurden. Es folgten Ausstellungen in Wien, Hamburg, Graz und Rom. Daneben komponierte Maria Bach nach wie vor. In den 1950er Jahren beschäftigte sie sich mit Chorliedern, daneben schrieb sie auch weiterhin Sololieder mit Orchester- bzw. Klavierbegleitung.

 

 

1978 starb sie an den Folgen einer Gasvergiftung, ausgelöst durch einen defekten Ofen, in ihrer Wohnung in Wien.