Konzert N°6

Lange Nacht der Freiheit

Von der Verantwortung des Wählens

 

Pforte um 7  |  Die öffentliche Generalprobe

Do 25. November, 19 Uhr, Pförtnerhaus Feldkirch

 

Impuls um halb  |  18.30 Uhr, Erdgeschoss Pförtnerhaus

Albert Lingg spricht zum Thema Freiheit.

Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

 

Pforte um 8  |  Konzert & Buffet

Fr 26. November, 20 Uhr, Pförtnerhaus Feldkirch

 

Impuls um halb  |  19.30 Uhr, Erdgeschoss Pförtnerhaus

Albert Lingg spricht zum Thema Freiheit.

Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.


 

Programm

 

Konzerttheater «Heute kein Forellenquintett»
Ensemble Louise Farrenc:

Mayumi Kanagawa Violine

Klaus Christa Viola
Mathias Johansen Violoncello

Dominik Wagner Kontrabass

Katya Apekisheva Klavier

Lionel Ménard Regie

 

 

Jodelfree
Evelyn Fink-Mennel Stimme, Violine & Maultrommel
Rahel Felix Stimme & Kontrabass
Isabella Kania Stimme & Klavier
Kenichi Kawabata Stimme & Klarinette
Anja Niederwolfsgruber Stimme & Fagott
Franziska Ude Stimme & Violine

 

 

ALMA  | Band für zeitgenössische Volksmusik

 

 

 

«Kein Mensch ist frei, der nicht Herr seiner selbst ist.»

 Epiktet (antiker Philosoph, 50–138)

 

Das Eröffnungskonzert der Langen Nacht der Freiheit stellt in Form eines Konzerttheaters eine im 21. Jahrhundert relevante Frage: Gibt es ein Leben jenseits der Handy- und Computerbildschirme und der sozialen Netzwerke? Leben außerhalb von Twitter, Instagram und Facebook noch Menschen? Und wie entkommen wir den digitalen Käfigen, um in freier Wildbahn noch einmal dem Abenteuer des dreidimensionalen Lebens zu begegnen? Und wie wäre es, wenn es gelänge, der virtuellen Wirklichkeit zu entrinnen, um in der altmodischen, analogen Welt dreidimensionalen Menschen aus Fleisch und Blut zu begegnen, um mit ihnen vielleicht sogar zu musizieren?

 

In der Langen Nacht fragen wir musikalisch nach der inneren Freiheit. Diese Frage ist für uns Menschen die fruchtbarste oder vielleicht sogar die einzig interessante Freiheitsfrage. Wie können wir uns im Labyrinth unserer Seele so zurechtfinden, dass wir die oft nur schmalen Ausgänge in die wahre Freiheit finden: Ich spreche hier von der Freiheit, Nein zu sagen, von der Freiheit, zu

den Dingen innerlich Ja zu sagen, die ich zuvor nur als Zwang wahrgenommen habe und nun zu meiner Herzenssache mache. Oder die Freiheit, etwas Un- vernünftiges aber Lustvolles zu tun. Oder die Freiheit, gar nichts zu tun.

 

Carl Gustav Jung (1875–1961) weist uns den Weg zu persönlichem Wachstum, der unbedingten Voraussetzung für innere Freiheit: Persönliches Wachstum heißt: mehr Bewusstheit, mehr Verhaltens-Optionen, mehr Ich- Stärke, mehr Durchlässigkeit.

 

Klaus Christa

 

 

 

Gedanken zur «Langen Nacht der Freiheit»

 

Diese Vorsätze des tiefsinnigen und menschenfreundlichen Arztes Albert Schweitzer bestätigen einmal mehr, was zum Gelingen eines guten Lebens wesentlich beiträgt: die Balance zwischen den Grundwerten Freiheit und Sicherheit für sich zu finden und

in der Gesellschaft zu befördern. Die Diskussion darum wurde in der Corona-Zeit besonders heftig und kontroversiell geführt, stellt sich als Frage jedoch auch in jedem Menschenleben, mehr oder weniger reflektiert: Wie behalte ich meine innere Freiheit auch in äußeren oder inneren Notlagen?

 

Unsere Seele kann nun aus höchst unterschiedlichen Gründen in Bedrängnis geraten, ja erkranken. Während wir die altbekannten psychischen Krankheiten heute weit besser behandeln können, beschäftigen uns sog. «Zeitkrankheiten» in zunehmendem Maße, nehmen etwa Stress- und Erschöpfungsdepressionen wie auch Angsterkrankung besorgniserregend zu. Die viele Menschen überfordernde Technisierung und Beschleunigung in der Arbeits- und Lebenswelt, die mediale Überflutung mit Nichtigkeiten, der Verlust von Halt und Bodenhaftung im Zuge eines übertrieben individualisierten Lebensstils sind die dafür verantwortlichen Risiken unserer Zeit – Schattenseiten eines daneben so viele Möglichkeiten und Erleichterungen bietenden Lebens. Im Konsumismus Ersatz zu suchen, führt allerdings meist nur zu einer Betäubung der inneren Leere, letztlich Unmündigkeit.

Zurück zum «Urwaldarzt», der wie schon ein großer Römer das Philosophieren, heißt Nachdenken über sich und die Mitwelt, als eine Medizin für die Seele ansah – was heute dringender denn je dem oft blinden Glauben an den technologischen Fortschritt allein entgegenzusetzen wäre!

 

Doch wo noch kann eine ins Trudeln geratene Seele wenn nicht Medizin dann Nahrung finden? Auch dazu kann uns Albert Schweitzer einen Weg weisen, fand er selbst in der Musik als hervorragender Organist mehr als einen Ausgleich zu seinem auszehrenden ärztlichen und mutigen politischen Engagement. So soll auch diese Lange Nacht der Freiheit nun nicht in ein Philosophikum ausarten, vielmehr soll das Konzerttheater Nahrung für unsere Seele sein, ganz im Sinne Victor Hugos:

 

Die Musik drückt das aus, was nicht gesagt werden kann und worüber zu schweigen unmöglich ist.

 

Albert Lingg

 


 

 

Ein freier Mensch

Ich will unter keinen Umständen ein Allerweltsmensch sein.

Ich habe ein Recht darauf, aus dem Rahmen zu fallen – wenn ich es kann!

Ich wünsche mir Chancen, nicht Sicherheiten!

Ich will kein ausgehaltener Bürger sein, gedemütigt 

und abgestumpft, weil der Staat für mich sorgt.

Ich will dem Risiko begegnen, mich nach etwas sehnen und es verwirklichen;

Schiffbruch erleiden und Erfolg haben.

Ich lehne es ab, mir den eigenen Antrieb mit einem 

Trinkgeld abkaufen zu lassen.

Lieber will ich den Schwierigkeiten des Lebens 

entgegentreten, als ein gesichertes Dasein führen. 

Lieber die gespannte Erregung des eigenen Erfolges, 

als dumpfe Ruhe Utopiens!

Ich will weder meine Freiheit gegen Wohltaten hergeben,

noch meine Menschenwürde gegen milde Gaben.

Ich habe gelernt, selbst für mich zu denken und zu 

handeln, der Welt gerade ins Gesicht zu sehen und 

zu bekennen: Dies ist mein Werk!

Das alles ist gemeint, wenn wir sagen: 

Ich bin ein freier Mensch!

 

Albert Schweitzer (1875–1965)

deutsch-französischer Arzt, Theologe, Musiker und Kulturphilosoph, Friedensnobelpreis 1952