Konzert N°5

Werfen und Fangen

Ein reines Vergnügen

 

Pforte um 7  |  Die öffentliche Generalprobe

Do 22. September, 19 Uhr, Pförtnerhaus Feldkirch

 

Impuls um halb  |  18.30 Uhr, Erdgeschoss Pförtnerhaus

Die Südafrikanische Komponistin und Jazzmusikerin Thembelihle Dunjana erzählt im Impuls um halb aus ihrem Leben als Musikerin in Kapstadt.

 

Pforte um 8  |  Konzert & Buffet

Fr 23. September, 20 Uhr, Pförtnerhaus Feldkirch

 

Impuls um halb  |  19.30 Uhr, Erdgeschoss Pförtnerhaus

Die Südafrikanische Komponistin und Jazzmusikerin Thembelihle Dunjana erzählt im Impuls um halb aus ihrem Leben als Musikerin in Kapstadt.


 

Programm

 

Thembelihle Dunjana (*1996) Ngenxa Yakho, Auftragswerk für Streichquintett Klavier, Congas & Stimme UA

Antonín Dvořák (1841–1904) Streichsextett A-Dur op. 48

 

Niklas Walentin Violine

Hlohonolofatso MokoenaVioline

Klaus Christa Viola

Zuko Samela Viola & Congas

Mathias Johansen Violoncello

Siyolise Nyondo Kontrabass

Thembelihle Dunjana Klavier & Stimme

 

 


Die vergessenen Coca-Cola Flaschen

 

Manchmal stelle ich mir folgende – vielleicht utopische – Frage: Wie wäre es, wenn wir, überall wo wir etwas lehren, mit dem Wunsch an die Sache herangehen, gleichzeitig auch etwas lernen zu wollen? Wenn wir nur jenen Menschen etwas beibringen, von denen wir auch lernen wollen? Wenn Lehren und Lernen nur im Austausch stattfinden würde?

 

Nach all den Jahrhunderten kolonialistischen, europa- zentrierten Belehrens fragen wir uns, ob es nicht andere Möglichkeiten des Umgangs oder noch besser, des Austauschs zwischen den Kontinenten geben kann? Wir fragen uns, ob es nicht mindestens so viele Dinge gibt, die wir Europäer von Menschen in Afrika lernen können wie umgekehrt.

 

Folgende Szene erlebte ich vor einigen Jahren in einem Getränkeladen in Südafrika: Am Ende eines Orchestercamps des Bochabela String Orchestras stand ich im Laden an der Kasse. Ein weißer Mann in den Fünfzigern stand hinter mir und beobachtete, wie ich mich, bereits in der langen Schlange stehend, im Laden umsah. Mir fiel nämlich plötzlich ein, dass ich die versprochenen Coca-Cola Flaschen vergessen hatte. Der besagte Herr hinter mir sprach mich an und meinte, ich könne ruhig das Vergessene holen, er würde mir den Platz in der Reihe freihalten. Ich holte also die Cola-Flaschen und wir kamen ins Gespräch. Er erzählte mir, dass er diese Geste von den Schwarzen Südafrikas gelernt hätte. Wenn beispielsweise bei Wahlen oder in anderen Situationen jemand die Reihe verlassen muss, weil sie/er z. B. zur Toilette muss oder sie/ihn eine Hungerattacke überkommt, ist es für die schwarze Community selbst- verständlich, dass sie/er wieder zurück auf ihren/ seinen ursprünglichen Platz darf. Der Mann erzählte voll Dankbarkeit und Wertschätzung über diese kleine Errungenschaft. Mittlerweile war ich der Vorletzte vor der Kasse und ich bemerkte schon die ganze Zeit, dass ein Schwarzer vor mir das Gespräch mitverfolgte. Nachdem er bezahlt hatte, ging er auf den für ihn fremden Mann hinter mir zu, umarmte ihn und verließ das Geschäft.

 

Was für ein überraschender Moment! Wir beide waren so bewegt von dem, was da gerade vor sich gegangen war. Solche Gesten, die Ausdruck einer Wertschätzung sind, machen Hoffnung auf einen Weg des friedvolleren Miteinanders in einer Gesellschaft, deren Geschichte von vielen Verletzungen geprägt ist.

 

Ich habe Südafrika vor vielen Jahren kennen und lieben gelernt, weil ich als Lehrender auf dem größten Kammermusikfestival Südafrikas eingeladen war. Schnell war klar, dass ich als Lernender gekommen war. Spätestens, wenn du mit den Jugendlichen des Bochabela String Orchestras im Foyer eine Pause verbringst, weißt du das. Plötzlich zieht jemand den Papierkorb zu sich und beginnt leise zu trommeln. Seine Nachbarin holt ihre Geige und beginnt ebenso leise dazu zu spielen. In wenigen Minuten entwickelt sich aus dieser Kettenreaktion eine groovige Jamsession. Es wird gespielt, gesungen, getanzt, gepfiffen und ebenso organisch, wie sie begann, verklingt sie auch wieder.

 

Ich habe Szenen wie diese seither noch oft erlebt. Es ist, als ob die kollektive Seele sich der Einzelnen bedient, um sich durch das Zusammenklingen der Stimmen auszusprechen. Ein Klangkörper im eigentlichen Sinne des Wortes entsteht und zieht alle Anwesenden in ein Energiefeld, das dem Einzelnen alleine völlig unerreichbar wäre. In diesem Prozess vereinen sich vermeintliche Gegensätze: Wildheit und Harmonie, Vielstimmigkeit und Einheit, Komplexität und Schlichtheit, Kraft und Entspannung. Die Spiritualität, die diesem Phänomen zugrunde liegt, ist nahezu physisch erlebbar und wirkt ungehemmt, aber nicht enthemmt.

 

Ich glaube, so klingt Begeisterung des Lebens über sich selbst!

 

Klaus Christa